
Der Löwenmensch
Der Löwenmensch ist eine 35.000-40.000 Jahre alte, weltweit einzigartige Elfenbeinfigur, deren Teile 1933 und bei Nachgrabungen 2008-2013 im Hohlenstein-Stadel im Lonetal von Robert Wetzel bzw. Claus-Joachim Kind entdeckt worden sind. Die meisterhaft aus dem Stoßzahn eines Mammuts geschnitzte Statuette verbindet tierische mit menschlichen Attributen. Tierisch sind der Löwenkopf, der langgestreckte Körper und die prankenartigen Arme, menschlich die Beine und Füße sowie die aufrechte Haltung. In der fantastischen Gestalt des Löwenmenschen ist uns ein einzigartiges Relikt erhalten, das in eine Sphäre geistig-religiöser Vorstellungen der Menschen der letzten Eiszeit verweist. Die Figur gibt uns einen faszinierenden Einblick in das komplexes Weltbild unserer frühesten Vorfahren, das die tägliche Auseinandersetzung mit der Natur eindrucksvoll widerspiegelt.

Entdeckung 1.0
Der Löwenmensch wurde am 25. August 1939 bei den Ausgrabungen von Otto Völzing und Robert Wetzel im Hohlenstein-Stadel im Lonetal entdeckt. Dieses Felsmassiv war von 1937-39 und 1956-61 Ziel umfangreicher Untersuchungen. Am letzten Grabungstag des Jahres 1939 barg Otto Völzing im rückwärtigen Teil der Höhle annähernd 200 Elfenbeinsplitter. Die Grabungen mußten anschließend aufgrund des Beginns des 2. Weltkrieges abgebrochen werden.

Entdeckung 2.0
Die Bedeutung der Funde wurde erst 30 Jahre später im Ulmer Museum entdeckt. 1969 stieß Joachim Hahn (1942-1997) bei Inventarisierungsarbeiten auf die verpackten Fragmente. Er bemerkte Schnitzspuren an zahlreichen Bruchstücken und fügte die Einzelteile zu einer fast 30 cm großen, vollplastischen Figur zusammen: Eine aufrecht stehende Gestalt mit tierischen und menschlichen Merkmalen. Über bisher vier Radiokarbondatierungen an Tierknochen aus der Umgebung der Fundstelle konnte das Alter der Figur auf ca. 35.-40.000 Jahre vor heute bestimmt werden. Nahe der Statuette kamen einige Abwurfstangen vom Ren, mehrere durchlochte Zähne vom Eisfuchs, Elfenbeinanhänger sowie einige Waffenspitzen aus Geweih zu Tage, die vielleicht in Verbindung mit dem Löwenmenschen im hinteren, dunklen Teil der Höhle deponiert worden waren.

Löwenmensch 1.0
Der zunächst nur unvollständig erhaltene Kopf wurde richtig als der eines Tieres (Löwe oder Bär) erkannt. Nach Auffindung und Anpassung weiterer Fragmente vor allem des Kopfes und des zweiten Armes konnte die Statuette 1988 umfassend restauriert werden. In diesem Zuge entstand eine umfassende wissenschaftliche Bearbeitung durch Elisabeth Schmid (1912-1994). Der Kopf war nunmehr zweifelfrei als der einer Raubkatze zu identifizieren, die aufmerksam in die Ferne blickt. Beide "Arme", von denen sich der schlechter erhaltene rechte nicht mehr direkt an den Corpus ansetzen ließ und daher nicht montiert ist, liegen eng am Körper an. Im Gegensatz zu Joachim Hahn kam Elisabeth Schmid zu dem Schluss, dass es sich um die Figur einer Frau mit dem Kopf einer Höhlenlöwin handele. Seitdem war und ist das Geschlecht des Löwenmenschen immer wieder Gegenstand teils stark ideologisch gefärbter Auseinandersetzungen vor dem Hintergrund der Stellung der Frau in altsteinzeitlichen Gesellschaften.

Entdeckung 3.0
2008-2013 war die Hohlenstein-Stadel-Höhle das Ziel neuer archäologischer Untersuchungen unter Leitung von Claus-Joachim Kind vom Landesamt für Denkmalpflege. Während der Kampagne 2010 wurden überraschend die Spuren der letzten Abbaumeter der Grabungen des Jahres 1939 angetroffen. Es wurden zahlreiche Bruchstücke von Mammutelfenbein, von mehrere Zentimeter großen Fragmenten bis zu Splittern im Millimeterbereich gefunden und erste Anpassungsversuche der neu gefundenen Teile an die Löwenmensch-Statuette, virtuell am Computer simuliert, verliefen erfolgreich.

Das große Puzzle
Vor dem Hintergund der neuen Funde und der Anpassung bereits vorliegender, bisher nicht anfügbarer Fragmente wurde der Löwenmensch in den Werkstätten des Landesamts für Denkmalpflege 2012/13 unter Federführung von Nicole Ebinger-Rist ein zweites Mal professionell restauriert. Die Figur wurde wieder in ihre Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Vor allem im Bereich des Kopfes, im Rücken und auf der rechten Körperseite konnte die Skulptur weiter vervollständigt werden.

Löwenmensch 2.0
Die nunmehr aus über 300 Bruchstücken zusammengesetzte Figur ist nun fast komplett und offenbart viele weitere Details, die nicht nur unser Wissen über ihre Herstellung ergänzen, sondern auch neue Überlegungen zu ihrer Deutung und ihrem möglichen Gebrauch erlauben.

Die AUSSTELLUNG
Im Museum Ulm hat der Löwenmensch seine neue endgültige Heimat gefunden.
Museum Ulm
Im Museum Ulm hat der Löwenmensch aus dem Lonetal eine neue Heimat gefunden. Besuchen Sie das Original in Ulm.
Bocksteinhöhle
Funde aus der Bocksteinhöhle lassen sich auf 50.000 bis 70.000 Jahre zurückdatieren, die Bocksteinhöhle gilt damit als ältester Siedlungskomplex des Neandertalers in Süddeutschland.
Hohlenstein
Im Hohlenstein-Stadel im Lonetal wurde mit dem Löwenmensch die älteste Tier-Mensch-Figur der Welt gefunden.
Vogelherdhöhle
Weltberühmt wurde die Vogelherdhöhle bereits 1932 durch den Fund von 11 Figuren aus Mammutelfenbein, die mit einem geschätzten Alter von 32.000 Jahren zu den ältesten Kunstwerken der Welt gehören.
Archäopark
Der Archäopark Vogelherd umrahmt die Vogelherdhöhle und ist dabei der einzige Platz in unserer Region, an dem der Höhlenfundort und die Präsentation der Funde vereint sind.
Neandertalerweg
Die Vogelherdhöhle, der Hohlenstein und die Bocksteinhöhle sind die Fundorte der ältesten figürlichen Kunstwerke der Menschheit. Der Neandertalerweg führt Sie zu diesen herausragenden archäologoischen Fundstätten und ist ideal mit einem Besuch des Archäoparks zu verbinden.
Eiszeitkunst
Bei Ausgrabungen in den Lonetalhöhlen wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrere kleine, meist vollplastische Elfenbeinfiguren entdeckt. Die mit Steingeräten aus Mammutstoßzähnen geschnitzten Plastiken sind die weltweit ältesten Belege beweglicher Kunst.
Vogelherdfiguren
Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Lonetal durch die Entdeckung von 11 kleinen Elfenbeinfiguren in der Vogelherdhöhle in Fachkreisen weltbekannt. Die Sammlung wurde 2006 durch den Fund des vollständig erhaltenen "Mammuts vom Vogelherd" komplettiert.
Ausgrabungen im Lonetal
Die archäologische Erforschung des Lonetals verlief in mehreren Phasen, immer geprägt von jeweils aktuellen Theorien und Wissenschaftsverständnissen.
Die Mammutjäger vom Lonetal
Lange bevor der moderne Mensch auf der Bildfläche erschien, lebten Neandertaler vor 50.000-70.000 Jahren rund um die Höhlen des Lonetals.
Die Schamanin vom Lonetal
Sie war die Heilerin und Seherin und damit das wichtigste Stammesmitglied der Menschen im Lonetal vor 40.000 Jahren.
Tiere der Eiszeit
Fundstücke aus dem Lonetal geben einen eindrucksvollen Einblick in die Lebensweise der damaligen Menschen und die damals lebende Tierwelt. Mammut, Wollnashorn, Höhlenlöwe und Riesenhirsch lebten damals im Lonetal und waren ständige Wegbegleiter der frühen Menschen.