> UNESCO Welterbe Lonetal > Archäologie im Lonetal

Archäologie im Lonetal

Die archäologische Erforschung des Lonetals verlief in mehreren Phasen, immer geprägt von jeweils aktuellen Theorien und Wissenschaftsverständnissen. Erste Ausgrabungen fanden schon im 19. Jahrhundert statt, zu einer Zeit, als durch die Arbeiten von Charles Darwin auch die Rolle des Menschen in der Geschichte neu definiert wurde. Der prähistorische Mensch hatte nach den Vorstellungen der kirchlich-religiösen Weltanschauung bisher nicht existiert, die evolutorische Sichtweise Darwins hingegen sprach für eine weit in die Vergangenheit zurückreichende, von allmählichen Anpassungen geprägte Entwicklungsgeschichte des Menschen. Diese neue Sichtweise gab den Anstoß für Geologen, Paläontologen und interessierte Laien für erste Forschungen, auch im Lonetal, das aufgrund seiner geologischen Besonderheiten besonders vielversprechend zu sein schien.



Oskar Fraas

Oskar Fraas

Der Geologe Oskar Fraas (1824-1897) war einer der ersten, die im Lonetal Ausgrabungen durchführten. Förster Michelberger hatte ihn auf eine kleine Höhlenöffnung neben dem Hohlenstein-Stadel aufmerksam gemacht. Dort fand Fraas 1861-62 über 10.000 Knochen von Höhlenbären, darunter 88 Schädel. Dabei fand er auch menschliche Hinterlassenschaften, die er jedoch zunächst in ihrer Bedeutung nicht erfaßte. Erst bei späteren Ausgrabungen an anderer Stelle im Jahre 1866 erkannte Fraas die Funde als urgeschichtliche Werkzeuge. Damit konnte bewiesen werden, daß auch im Lonetal der Mensch Zeitgenosse der inzwischen ausgestorbenen Tiere war - der Nachweis des urgeschichtlichen Menschen war gelungen.



Ludwig Bürger

Ludwig Bürger und Friedrich Lösch

Angeregt von den Funden im Hohlenstein von Oskar Fraas und der Veröffentlichung des Romans "Rulamann" im Jahr 1873 gruben der Langenauer Förster Ludwig Bürger (1844-1898) und der Öllinger Pfarrer Dr. Friedrich Lösch 1881 erstmals in der Bocksteinhöhle. Sie fanden damals u.a. menschliche Skelette, die erst 1997 wiederentdeckt und auf 6200 Jahre vor Christus datiert und damit der Mittelsteinzeit zugeordnet wurden. Nachdem der Nachweis früher Menschen gelungen war, stoppten die Ausgrabungsbemühungen im Lonetal für längere Zeit.



Gustav Riek

Im Mai 1931 führte ein Dachs den Heimatforscher Hermann Mohn zum Eingang der damals noch unbekannten Vogelherdhöhle. Der Dachs hatte kleine steinzeitliche Feuersteinstückchen aus dem Erdreich an die Oberfläche geschaffen. Mohn erkannte diese und informierte den Urgeschichtler Dr. Gustav Riek (1900 - 1976) von der Universität Tübingen, der bereits am 5. Juli 1931 mit den Ausgrabungen an der Vogelherdhöhle begann. Diese Ausgrabungen förderten 11 aus Mammutelfenbein geschnitzte Tierplastiken zu Tage - ein sensationeller Fund, denn aus ihrer Entstehungszeit vor 32.000 Jahren waren bislang nur Gebrauchsgegenstände wie z.B. Speerspitzen und Keile bekannt gewesen. Neben diesen weltweit für Aufmerksamkeit sorgenden Funden wurden von Gustav Riek in der Vogelherdhöhle noch zahlreiche weitere Gegenstände zu Tage gefördert, so dass der Vogelherd bis heute die bedeutendste Fundstelle des Lonetals geblieben ist.



Robert Wetzel

Im Frühjahr 1932 suchte Robert Wetzel (1898-1962), inspiriert von den sensationellen Funden in der Vogelherdhöhle, das Lonetal auf um nach weiteren Zeugnissen der Urzeit zu suchen. Anton Bamberger machte ihn dabei auf das Verschwinden von Füchsen in den Spalten des Bocksteins aufmerksam und Ausgrabungen brachten zahlreiche Fundstücke zu Tage. Darunter die Werkzeugreste aus Stein, die den Neandertalern vor 120.000 Jahren zugeordnet wurden. 1935 unternahm Wetzel parallel Grabungen im Hohlenstein. 1937 entdeckten Sie dabei die Kopfbestattung der 3-köpfigen Familie. Die Ausgrabungen am Hohlenstein-Stadel wurden 1939 durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges unterbrochen. Am 25. August jedoch, dem letzten Grabungstag, barg der Grabungsleiter vor Ort Otto Völzing (1910-2001) zahlreiche Bruchstücke aus Mammutelfenbein.
Erst nach dem Weltkrieg konnte Wetzel seine Ausgrabungen weiterführen. 1953-56 untersuchte Wetzel den Hang unterhalb der Bocksteinschmiede und das Gebiet vor der Bocksteinhöhle. Auch die Bärenhöhle im Hohlenstein war Gegenstand von Wetzels Grabungen, bis diese 1961 aufgrund des Todes von Robert Wetzel beendet wurden.
Wetzel übereignete alle seine Funde aus den Lonetalgrabungen, darunter auch die Bruchstücke der Elfenbeinfigur (ohne diese zu benennen) 1956 per Schenkungsvertrag der Stadt Ulm . Ins Museum kamen sie dann nach seinem Tod (1962) in den Sechziger Jahren. Erst 30 Jahre nach ihrem Fund wurden die Stücke vom Archäologen Joachim Hahn wiederentdeckt. Er bemerkte Schnitzspuren und fügte aus über 200 Einzelteilen eine bruchstückhafte Figur zusammen. Es vergingen nahezu weitere 30 Jahre bis die Figur in ihrer jetzigen Form, dem Löwenmensch, restauriert wurde.
Nach seinem Tode fanden im Lonetal lange Zeit keine nennenswerten Ausgrabungen mehr statt. Robert Wetzels Vision eines vernetzen Forschungsansatzes, der neben der Archäologie auch die verwandten Wissenschaften wie Geologie, Petrographie, Paläozoologie, Paläobotanik und Anthropologie einbezog, besitzt jedoch noch heute Modellcharakter.



Nicholas Conard

Nicholas Conard

Neben seinen Forschungen im Achtal widmete sich Nicholas Conard in der Zeit von 2005 bis 2012 auch dem Lonetal. Ausgrabungen im Abraum der Riekschen Grabung am Vogelherd brachten dabei fünf neuen Figuren aus der Eiszeit zutage. Besonders spektakulär ist der 3,7 cm lange und 7,5 Gramm schwere Fund des "Mammuts vom Vogelherd" - der ersten vollständigen Elfenbeinfigur von der Schwäbischen Alb. Die weiteren Figuren waren ein gut erhaltener Teil eines Löwen, ein Bruchstück eines zweiten Mammuts sowie Reste zweier noch nicht identifizierter Darstellungen.



Claus-Joachim Kind und Kurt Wehrberger

Claus-Joachim Kind war in den Jahren 2012 bis 2017 beim Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg als Projektleiter maßgeblich an der Erarbeitung des Antrags beteiligt, sechs Höhlen mit eiszeitlichen Kunstobjekten und die jeweils umgebenden Landschaften in die Welterbeliste der UNESCO aufzunehmen. Im Hinblick auf das Lonetal sind die unter seiner Leitung durchgeführten Grabungen in der Stadel-Höhle 2008-2013, mit der überraschenden Wiederentdeckung der Fundstelle des Löwenmenschen von 1939 und der Bergung weiterer Fragmente besonders relevant. In Zusammenarbeit mit Kurt Wehrberger wurde die Figur vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg sorgfältig restauriert und wird nun in ihrer endgültigen Form in einer Sonderausstellung im Museum Ulm präsenetiert.

FUNDHÖHLEN

Bocksteinhöhle

Funde aus der Bocksteinhöhle lassen sich auf 50.000 bis 70.000 Jahre zurückdatieren, die Bocksteinhöhle gilt damit als ältester Siedlungskomplex des Neandertalers in Süddeutschland.

FUNDHÖHLEN

Hohlenstein

Im Hohlenstein-Stadel im Lonetal wurde mit dem Löwenmensch die älteste Tier-Mensch-Figur der Welt gefunden.

FUNDHÖHLEN

Vogelherdhöhle

Weltberühmt wurde die Vogelherdhöhle bereits 1932 durch den Fund von 11 Figuren aus Mammutelfenbein, die mit einem geschätzten Alter von 32.000 Jahren zu den ältesten Kunstwerken der Welt gehören.

ENTDECKEN

Archäopark

Der Archäopark Vogelherd umrahmt die Vogelherdhöhle und ist dabei der einzige Platz in unserer Region, an dem der Höhlenfundort und die Präsentation der Funde vereint sind.

ENTDECKEN

Museum Ulm

Im Museum Ulm hat der Löwenmensch aus dem Lonetal eine neue Heimat gefunden. Besuchen Sie das Original in Ulm.

WANDERN

Neandertalerweg

Die Vogelherdhöhle, der Hohlenstein und die Bocksteinhöhle sind die Fundorte der ältesten figürlichen Kunstwerke der Menschheit. Der Neandertalerweg führt Sie zu diesen herausragenden archäologoischen Fundstätten und ist ideal mit einem Besuch des Archäoparks zu verbinden.

WELTERBE

Eiszeitkunst

Bei Ausgrabungen in den Lonetalhöhlen wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrere kleine, meist vollplastische Elfenbeinfiguren entdeckt. Die mit Steingeräten aus Mammutstoßzähnen geschnitzten Plastiken sind die weltweit ältesten Belege beweglicher Kunst.

WELTERBE

Löwenmensch

Die meisterhaft aus dem Stoßzahn eines Mammuts geschnitzte, weltweit einzigartige Figur verbindet tierische mit menschlichen Attributen und gibt uns einen faszinierenden Einblick in das komplexe Weltbild unserer frühesten Vorfahren.

WELTERBE

Vogelherdfiguren

Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Lonetal durch die Entdeckung von 11 kleinen Elfenbeinfiguren in der Vogelherdhöhle in Fachkreisen weltbekannt. Die Sammlung wurde 2006 durch den Fund des vollständig erhaltenen "Mammuts vom Vogelherd" komplettiert.

GESCHICHTE

Die Mammutjäger vom Lonetal

Lange bevor der moderne Mensch auf der Bildfläche erschien, lebten Neandertaler vor 50.000-70.000 Jahren rund um die Höhlen des Lonetals.

GESCHICHTE

Die Schamanin vom Lonetal

Sie war die Heilerin und Seherin und damit das wichtigste Stammesmitglied der Menschen im Lonetal vor 40.000 Jahren.

GESCHICHTE

Tiere der Eiszeit

Fundstücke aus dem Lonetal geben einen eindrucksvollen Einblick in die Lebensweise der damaligen Menschen und die damals lebende Tierwelt. Mammut, Wollnashorn, Höhlenlöwe und Riesenhirsch lebten damals im Lonetal und waren ständige Wegbegleiter der frühen Menschen.